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Gewaltfreie Kommunikation - Antworten auf häufig gestellte Fragen

Wer hat das Konzept der GfK entwickelt ?

Als Begründer gilt der Amerikaner Marschall Rosenberg, Jahrgang 1934. Er wuchs in einem "brodelnden" Viertel in Detroit auf und kam schon als Kind mit heftigen Konfliktherden in Berührung (Rassenthemen, alltägliche Gewalt durch Straßengangs, Religions-Auseinandersetzungen etc.). Er promovierte 1961 in Psychologie. Als Schüler von Carl Rogers lernte er die Arbeit der klientenzentrierten Psychotherapie kennen.
Rosenberg praktizierte selbst als Psychotherapeut. Er arbeitete parallel politisch und durch das Angebot von Beratung und Trainings mit Bürgerrechtlern an der Überwindung der zu der Zeit in den USA noch stark geübten Rassentrennung. 1981 gründete er das center for nonviolent communication in Texas. Seitdem hat er in 60 Ländern Kurse in gewaltfreier Kommunikation gegeben und an der Beilegung von bestehenden politischen Konflikten mitgewirkt. Er vermittelte in Krisengebieten, unterrichtete z.B. in Gefängnissen und arbeitete mit Multiplikatoren wie Lehrkräften, medizinischem Personal und Jurist/-innen.

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Von wem wurde Rosenberg beeinflusst ?

Als wesentliche Inspirationsquelle benennt Rosenberg neben Carl Rogers Martin Luther King und Mohandas Gandhi. Er sagt über sich selbst, dass sein Konzept nichts Neues beinhalte, "alles, was in die Gewaltfreie Kommunikation integriert wurde, ist schon seit Jahrhunderten bekannt. Es geht also darum, uns an etwas zu erinnern, das wir bereits kennen – nämlich daran, wie unsere zwischenmenschliche Kommunikation ursprünglich gedacht war.“

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Gewaltfrei - was bedeutet das?

Wenn wir in einer Situation nicht sprechen und keine körperliche Gewalt einsetzen, handeln wir bis dahin gewaltfrei. Aber nicht nur Verhauen ist Gewaltanwendung. Viele Menschen meinen, "gewaltfrei" bedeute in diesem Zusammenhang zum Beispiel das Weglassen von Kraftausdrücken und Beschimpfungen wie „Scheiße“ , „Mistkerl“ oder „dumme Kuh“. Und natürlich sind solche Ausdrücke, wenn wir sie mit der Absicht, abzuwerten, zu kränken oder einzuschüchtern einsetzen, eine Form von Gewaltanwendung.

Im Sinne der GfK fängt die Gewalt jedoch schon viel früher an.

In unserem normalen Sprachgebrauch befindet sich eine Menge, von dem uns nicht bewußt ist, dass der Einsatz dieser Sprache Gewaltanwendung impliziert. Provozierend formuliert Rosenberg "Willst Du lieber Recht haben oder glücklich sein? Beides zusammen geht nicht". Sätze, die die Worte "du musst" oder "man sollte" oder "wir sind verpflichtet, das zu tun" enthalten, setzen ebenfalls auf Gewalt als Mittel, um Ziele zu verfolgen. Immer, wenn wir bei uns selbst oder bei unserem Gegenüber versuchen, den Eindruck zu erwecken, es bestünde keine Wahlmöglichkeit, ist Gewalt im Spiel.

Noch einmal ein Wort von Rosenberg dazu: "Die Antwort auf die Frage nach der Ursache von Gewalt liegt in der Art und Weise, wie wir gelernt haben zu denken, zu kommunizieren und mit Gewalt umzugehen".

Mit dem Ausdruck "gewaltfrei" / bzw. "non-violent" auf englisch war Rosenberg – wie auch Gandhi – nie sehr glücklich, weil es keine positiven Formulierungen sind, sondern Negierungen. Er hat sich trotzdem dafür entschieden, seiner Schule diesen Namen zu geben, weil andere Termini zu weit weg vom normalen Sprachgebrauch sind. In Business-Zusammen­hängen wird oft der Ausdruck "wertschätzende Kommunikation" verwendet oder – unter eher innerlichem Blickwinkel – auch "einfühlsame Kommunikation".

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Welches Menschenbild liegt der Gewaltfreien Kommunikation zugrunde?

Das Menschenbild der gewaltfreien Kommunikation beruht auf einfachen Grundannahmen:

  1. Alles was wir tun, tun wir aus der Absicht heraus, uns ein Bedürfnis zu erfüllen.
  2. Wir unterstützen andere Menschen gern, wenn wir es aus freiem Willen tun können.

Am leichtesten ist die GfK zu verstehen, wenn wir uns für die Haltung dahinter interessieren. Wir schauen uns die Fähigkeiten an, die geeignet sind, sie zu unterstützen. Der Sinn ist, uns zu helfen, eine besondere Verbindung mit uns selbst und dem anderen aufzubauen. Eine Verbindung, die es uns erlaubt, willentlich und damit eigenverantwortlich dazu beizutragen, dass es dem anderen – und damit dann auch mir – besser geht. Nicht aus Angst vor Strafe, sondern aus der Freude heraus, zum Wohlbefinden beizutragen.

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Was hat das mit der Giraffe und dem Wolf auf sich?

GfK-Trainer/-innen setzen bei ihrer Arbeit oft Symbole ein: eine Giraffe und einen Wolf. Die Giraffe – als das Landlebewesen mit dem größten Herzen von allen – steht für die Verbindung und den Kontakt aller Menschen miteinander und sich selbst, der Wolf für das Dominanzsystem mit einem Denken, das von der Einordnung in "falsch" und "richtig", "gut" und "schlecht" getragen ist und das auf Schuld, Scham, Bewertungen, Kritik, Pflichten und Angst beruht.

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Wie kommuniziert der Wolf?Gewaltfreie Kommunikation Wolf

Die Sprache des Wolfs ist häufig bestimmend, provokativ, dominant oder verletzend. Aber auch diplomatisch, höflich, freundlich und zuvorkommend kann ein Wolf sein….: um seine Ziele zu erreichen. Seine Vorgehensweise ist oft manipulativ und es lässt dem Gegenüber keine freie Wahl. Gleichzeitig kann er von seinen Gefühlen und Bedürfnissen nichts preisgeben, da er weder mit sich noch mit dem Rest der Welt verbunden ist. Das heißt, ihm fehlt die Klarheit über seine Gefühle und Bedürfnisse und deshalb kann er sie nicht benennen. Wir wurden zumeist dazu erzogen, der Autorität zu Gewaltfreie Kommunikation Spurengehorchen und unsere Sprache ist die der Herrschaftsdominanz - häufig tun wir dann Dinge, die von uns erwartet werden oder wir tun Dinge, von denen wir denken das andere sie von uns erwarten. Wenn Du tust, was der Wolf nicht mag, erhältst Du vom Wolf eine Diagnose, Bewertung oder Verurteilung, was mit Dir nicht stimmt. Wölfe denken in Beurteilungen und Bewertungen. Wer sich mit der GfK beschäftigt, wird feststellen, dass auch Komplimente und Lob im Sinne der Gewaltfreien Kommunikation als Strategie zur Bedürfniserfüllung betrachtet werden, weil sie von jemandem ausgesprochen werden, der meint, er wisse was für andere richtig und falsch sei. Einer positiven Beurteilung folgt eine Belohnung, einer negativen Strafe, Tadel, Schuldzuweisung, Kritik, Verurteilung.

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Wie kommuniziert die Giraffe?

Gewaltfreie Kommunikation Sabrina Stehlik Giraffe

Die Giraffe ist das Landtier mit dem größten Herzen. Durch ihren langen Hals und ihre Größe hat sie einen guten Überblick. Sie nimmt ihre Nahrung in einer Höhe auf, wo kein anderes Tier mehr hinkommt, deshalb nimmt sie niemandem etwas weg und lebt friedlich mit anderen Gattungen zusammen. Die Giraffe ist für die Gewaltfeie Kommunikation die Vertreterin einer Sprache, die Gefühle und Bedürfnisse aufspürt und auch fähig ist, diese auszudrücken. Sie sagt, was in ihr vorgeht, und nicht, was sie über die anderen denkt.

Außerdem hat sie die so genannten "Kritikfilter" in den Ohren, die ermöglichen ihr, jede noch so ärgerliche oder kritische Äußerung von ihrem Gegenüber in Gefühls- und Bedürfnissprache zu übersetzen. In dieser Haltung gibt es die Möglichkeit der Wahl und damit ist sie sich auch zu jeder Zeit bewusst, dass sie allein die Verantwortung für ihr eigenen Handeln trägt.

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Welches Kommunikationsmodell wird in der GfK benutzt?

In der Gewaltfreien Kommunikation wird kein "Kommunikationsstil" gelehrt. Es geht vielmehr darum, aus einer bestimmten Grundhaltung heraus zu sprechen und einen empathischen, aufrichtigen Kontakt mit sich selbst und dem Gegenüber einzugehen und zu fördern. Für das Verständnis gibt es ein Vier-Phasen-Modell, anhand dessen sich eine Kommunikation erklären lässt, die eine aufrichtige Verbindung zu sich selbst und zum anderen sowie gegenseitiges Verstehen zum Ziel hat.

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Welche Phasen gibt es in der GfK?

Die Möglichkeit, sich mitzuteilen, wird in vier Phasen eingeteilt:

  • das Formulieren einer Beobachtung,
  • das Aussprechen eines Gefühls,
  • das Mitteilen des Bedürfnisses und
  • eine daran angeschlossene Handlungs-Bitte.

Rosenberg's Kurzfassung klingt so: "Wenn ich a sehe, dann fühle ich b weil ich c brauche, deshalb möchte ich jetzt gern d."

Der erste Schritt ist, zu lernen, Beobachtungen von Bewertungen, Interpretationen, persönlichen Angriffen oder psychologi­sierenden Diagnosen zu trennen. Denn diese Vorgehen sind Ausdruck von Gedanken, anstatt von Gefühlen oder Bedürfnissen. Eine klare Beobachtung mitzuteilen heißt, sich an die schlichten Tatsachen zu halten.

Gefühle sind aus Sicht der GfK der Schlüssel zu den Bedürfnissen und werden als Sprache des Körpers angesehen. Als Gefühle werden originäre Empfindungen eingeordnet, die klar von Emotionen unterschieden werden. Als Emotionen werden solche Gefühle bezeichnet, die ihren Ursprung in Gedanken haben und damit vermischt sind. Emotionen haben etwas Impulsives, sehr Starkes. Daher würden wir z.B. einem Menschen, der gerade sehr wütend ist, nicht zutrauen, dass er eine Situation nur anhand der Fakten beschreibt. Die Gedanken wiederum sind die Sprache des Geistes. Beide Ebenen zusammen machen den ganzen Menschen aus.

Selbst wenn eine Person einen Satz mit "ich fühle mich..." beginnt, muss das dann Folgende nicht unbedingt ein wahres Gefühl sein. Nicht-Gefühle im Sinne der GfK sind z.B. "Ich fühle mich missverstanden", "ich habe das Gefühl, ausgenutzt zu werden" oder "niemand nimmt mich ernst" oder "Wenn Du das machst, ist Mami ganz traurig". Dahinter jedoch steht in jedem Fall ein Gefühl, dass es zu entdecken gilt. Diese Nicht-Gefühle lassen einen Blick auf die Bedürfnisse zu, die hier gerade nicht erfüllt werden. Bei den zuvor angeführten Sätzen könnte es zum Beispiel um das Bedürfnis nach Verbindung, Ruhe oder Wertschätzung gehen.

Aus Sicht der GfK haben alle Menschen die gleichen Bedürfnisse (siehe Abbildung) unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit, dem Alter, der Religion oder dem Geschlecht.

Gewaltfreie Kommunikation Diagramm

Die vierte Komponente einer Mitteilung könnte dann eine auf die Gegenwart bezogene, konkret umsetzbare Bitte/Handlung sein. Zum Thema "Bitte" gibt es selbst innerhalb der GfK unterschiedliche Auffassungen. Im Deutschen hat das Wort keine angenehme Färbung, wir möchten sagen, was wir wollen, aber kein Bittsteller sein. Festzuhalten bleibt, dass im Sinne der GfK die geäußerte Bitte eine konkrete Handlung ausdrücken und keine Negativ-Formulierung enthalten sollte. Also z.B. "Bist Du bereit, zwei Abende in der Woche mit den Kindern zu verbringen?". Wenn man Ihnen diese Frage so stellt, dann haben sie eine echte Chance, sie mit einem Ja aber genauso mit einem Nein zu beantworten.

Keine Bitten im Sinne der GfK wären zum Beispiel "ich möchte, dass Du Dich mehr um die Kinder kümmerst" oder "bitte komm nicht immer so spät nach Hause" oder gar "als guter Vater solltest Du...." denn die Bitte oder Handlung soll im Hier und Jetzt erfüllbar sein.

In der GfK wird die klassische Art, Bitten vorzutragen, als "positive Handlungssprache" bezeichnet. Die Äußerungen sind konkret, sie bezeichnen das Gewünschte präzise. Und: sie sind keine Forderungen. Das unterscheidet sich klar dadurch, dass einer Bitte auch nicht entsprochen werden kann, bei einer Forderung drohen Strafen oder andere negative Konsequenzen (Schuldgefühle etc.).

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In der GfK wird oft über Strategien gesprochen. Was ist damit gemeint?

In der GfK werden Vorgehensweisen, die Menschen einsetzen, um Bedürfnisse zu erfüllen, als Strategie bezeichnet. Der trennscharfen Unterscheidung kommt eine große Bedeutung zu. Wenn ein Satz mit "ich habe das Bedürfnis nach..." oder "ich brauche...." anfängt, muss das, was danach ausgesprochen wird, nicht unbedingt tatsächlich ein Bedürfnis sein. So gibt es zum Beispiel kein Bedürfnis danach, Klavier zu spielen, aber die Pianistin erfüllt sich mit dem Klavierspiel vielleicht ihr Bedürfnis nach Ausdruck ihrer Kreativität oder nach Lebendigkeit.

Eine große Bedeutung erhält diese klare Trennung von Bedürfnissen und Strategien bei der Klärung von Konflikten: Auf der Bedürfnis-Ebene liegen Konfliktpartner oft gar nicht so weit auseinander, aber sie wählen unterschiedliche Strategien, um sich diese Bedürfnisse zu erfüllen. Verhandlungen können dann gezielt über mögliche andere Strategien geführt werden, zu denen beide Konfliktpartner "ja" sagen können. Über die dahinter liegenden Bedürfnisse gibt es zumeist keine Konflikte, wenn die Bedürfnisse im Rahmen einer Klärung beiden bewusst und dem jeweils anderen transparent geworden sind.

Rosenberg formuliert: "Ein "Nein" zu einer Sache ist immer ein "Ja" zu einer anderen". Ein sehr wichtiger Gedanke, weil er in Streit-Fällen, in denen wir mit unserem Gegenüber nicht übereinstimmen, eine Tür zum Finden von Lösungen weit öffnet.

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